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Virtuelle Räume in der Frühen Neuzeit
Mittwoch, 21.11.2018 • Raumbild zwischen den Zeiten: Die Humanisten und die Tabula Peutingeriana
PD Dr. Silke Diederich ( Köln)
Im Jahre 1507, in einer Epoche, in der sich das geographische Weltbild durch neue Entdeckungen
dramatisch erweiterte und eine Flut moderner Karteneditionen erschien, wurde die Tabula
Peutingeriana, die einzige erhaltene Kopie einer römischen Weltkarte, von Konrad Celtis
wiederentdeckt – und kurzerhand gestohlen. Seitdem zieht dieses rätselhafte Objekt die Forschung in
ihren Bann. Schon aufgrund ihrer bizarren Dimensionen (ca. 6,70 lang, aber nur 34 cm hoch)
entspricht die Tabula weder antiken noch mittelalterlichen Darstellungskonventionen, geschweige
denn der ptolemaios-basierten Geographie des Humanismus. Dieser Vortrag geht daher der Frage
nach: Wie reagierten die Humanisten auf diese so völlig aus der Zeit gefallene Form der
Visualisierung des Raumes? Wie verhält diese Karte sich zu den zeitgenössischen
Sehgewohnheiten? Und welchen Gewinn konnte man aus ihrem Studium ziehen?
Zum Plakat des Vortrags
Mittwoch, 12.12.2018 • Visuelle Evidenz. Augenscheinkarten als Beweismittel vor dem Reichskammergericht (1495-1806).
Prof. Dr. Anette Baumann (Gießen)
1579 ließen Johann Graf von Schwarzenberg und Sigmund von Vestenberg in einem Streit um ihre
Herrschaftsrechte für den Prozess am Reichskammergericht je eine handgemalte Karte anfertigen.
Sie wollten damit ihren jeweiligen Herrschaftsanspruch beweisen. Beide Karten bildeten die
Übersetzung der subjektiven Wahrnehmung der Prozessparteien in ein visuelles Medium. Sie waren
ein wesentlicher Bestandteil der Prozessführung und dienten als Entscheidungsgrundlage im Sinne
von Evidenz. Fragen zu Tatsachen, Evidenz, Objektivität und Beweis sind Themen der gegenwärtigen
Wissenschaftsgeschichte. Sie fordert dazu auf, konkrete Beschreibungen der Dynamiken und
Wirksamkeit von Ideen und Vorstellungen wissenschaftlicher Praktiken in ihrem historischen Kontext,
die zu diesen neuen Anschauungen führten, zu liefern. In diesem Zusammenhang spielten Juristen
als Protagonisten der Entwicklung dieser neuen Beweiskultur die entscheidende Rolle, da sie in der
Frühen Neuzeit zuerst Codes von Unparteilichkeit entwickelten. Um Vorgänge und Praktiken der
Beweisführung beschreiben zu können, wird vorgeschlagen, Evidenz anhand der Praktiken der
Herstellung von Landkarten über einen möglichst großen Zeitraum und einem großen geographischen
Verbreitungsgebiet zu untersuchen.
Genau dies soll im Vortrag anhand von Karten des Reichskammergerichts geschehen, denn sie sind
für eine solche Untersuchung hervorragend geeignet. Hier kann über dreihundert Jahre hinweg im
gesamten Heiligen Römischen Reich in einem gleichbleibenden strukturiertem Verfahren die Frage
nach der Evidenz von visualisierten Darstellungen im Recht in das Visier genommen werden. Der
Vortrag will hierzu erste Eindrücke liefern.
Donnerstag, 10.01.2019 • Linienpraktiken und die Operationalisierung geographischen Wissens in der Frühen Neuzeit
Prof. Dr. Jörg Dünne (Berlin)
Linienpraktiken und die Operationalisierung geographischen Wissens in der Frühen Neuzeit
Den Ausgangspunkt der Überlegungen zu Linienpraktiken in der frühen Neuzeit bildet der Versuch einer ‚Liniengeschichte‘: In Auseinandersetzungen mit den Forschungen des Anthropologen Timothy Ingold soll dabei vor allem die Operationalisierung und Medialisierung von geographischen Linienpraktiken zum kartographischen Linienwissen anhand ausgewählter Beispiele für Kartenlinien vom ausgehenden Mittelalter bis in die Moderne untersucht werden. Besonders im Fokus der daran anschließenden historischen Analysen werden frühneuzeitliche portugiesische und spanische Navigationstraktate des 16. Jahrhunderts stehen; komplementär dazu erlauben es Schiffbruchberichte aus demselben Zeitraum, ein Schlaglicht auf den prekären Charakter der Operationalisierung von Linienwissen als „long distance control“ (John Law) zu werfen.
Beginn jeweils 18:15 Uhr im Zimeliensaal (Raum 09/114) der Universitätsbibliothek Osnabrück
Alte Münze 16.